Thriller - Racheherbst von Andreas Gruber

11 Februar 2016

Bist du weiblich, jung und vom Sternzeichen Skorpion? Dann bis du das mögliche nächste Opfer.

Polizist Walter Pulaski ermittelt auf eigene Faust, als die Leiche einer jungen Prostituierten unter einer Leipziger Brücke aufgefunden wird und seine Kollegen ihrem Tod keine große Beachtung schenken. An seiner Seite Mikaela, die Mutter der Toten, die den Tod ihrer Tochter rächen will. Bald stoßen Pulaski und Mikaela auf Spuren eines brutalen Serienmörders, welche bis nach Wien führen.

Zeitgleich übernimmt die Strafverteidigerin Evelyn Meyer in Wien das Mandat in einem neuen Fall, obwohl ihr Umfeld dringend davon abrät. Allen zum Trotz beginnt sie mit ihren Recherchen und baut eine Verteidigungsstrategie zur Verteidigung ihres Mandanten auf, bis sie erkennt, dass sie sich ihrer eigenen Fehleinschätzung zur Folge in große Gefahr befindet.
Das tiefschwarze Cover wird von dem Buchtitel „Racheherbst“ in grauen Lettern beherrscht. Der Titel –Racheherbst- ist in vier Silben getrennt, die untereinander auf dem Cover platziert sind. Grellrote, glänzende Nadeln durchstoßen die Buchstaben und verbinden sie miteinander. Die Buchstaben des Titels sind deutlich zu ertasten und seitlich des Covers fühlt man kleine Erhebungen, die Wassertropfen darstellen. Den Bezug zur Handlung stellen die roten Nadeln dar, die in der Story eine tragende und grausame Rolle einnehmen.
Andreas Gruber studierte an der Wirtschaftsuniversität Wien und lebt als freier Autor mit seiner Familie südlich von Wien. Er gibt Schreibkurse und veröffentlicht über den kreativen Prozess des Schreibens. Seine Bücher wurden bereits dreimal mit dem Vincent Preis und dreimal mit dem Deutschen Phantastik Preis ausgezeichnet.

Bisher von ihm erschienen sind die Romane Schwarze Dame und Die Engelsmühle. Zuletzt erschienen die Romane Rachesommer, Todesfrist, Herzgrab und Todesurteil im Goldmann Verlag.
„Schriftstellerei bedeutet für mich, dass ich interessante Figuren erfinden darf, ohne in der Psychiatrie zu landen - und Menschen auf originelle Weise ermorden kann, ohne im Gefängnis zu landen. Aber sonst bin ich ein netter Kerl.“ (Andreas Gruber)
Der sehr lockere Schreibstil ermöglichte mir den sofortigen Einstieg in die Geschichte. Die Sprache in der Andreas Gruber schreibt ist teilweise recht salopp und umgangssprachlich. Sie ermöglicht ein widerstandsloses Vorankommen, als direkt zu Anfang der Geschichte Ereignisse erzählt werden, die mich fesseln. Die Geschehnisse treiben meinen Lesefluss an, da sie Hand in Hand mit neuen Ereignissen verknüpft sind, die ich schnell erfassen und entschlüsseln möchte.

Die Handlung lebt von drei Erzählsträngen. Der zynische Walter Pulaski muss aus gesundheitlichen Gründen kürzer treten und wird  in den polizeidienstlichen Dauerdienst in Leipzig versetzt. Als die Leiche der Prostituierten Natalie aufgefunden wird und Pulaskis Kollegen dem Tod der jungen Frau keine große Bedeutung beimessen, da sie „nur“ eine Prostituierte ist, nimmt er seine eigenen Ermittlungen auf und kämpft erfolglos um das Gehör seiner Kollegen als er auf erste grauenvolle Spuren eines Serientäters stößt.

Als er auf die sympathische Mikaela trifft, die Mutter der toten Natalie, ahnt er nicht, dass sie ihn noch ordentlich zur Weißglut treiben wird, denn sie will ihre Tochter um jeden Preis rächen und sie sucht mit allen Mitteln verzweifelt nach ihrer zweiten spurlos verschwundenen Tochter Dana.

Zeitgleich übernimmt Anwältin Evelyn Meyers als Strafverteidigerin in Wien das Mandat ihres neuen Klienten Dr. Robert Konstantin. Ihr Mentor Staatsanwalt Ostrovski und ihr Freund und Privatdetektiv Patrick warnen sie inständig davor, den Fall des schnöseligen, gut betuchten Dr. Konstantin anzunehmen, da er bereits einmal wegen eines Vergewaltigungsverfahrens angeklagt war. Evelyn durchwühlt mit ihren Recherchen Dr. Kontantins Leben, überprüft auch die Alibis von Konstantins verheirateten Kollegen und Freunden Dr. Fricks und Dr. Behringer, die tief in den Fall verstrickt scheinen. Evelyn recherchiert und baut ihre Verteidigungsstrategie auf, bis sie merkt, dass sie sich mit ihrer eigenen Fehleinschätzung in große Gefahr begibt.

Der verbleibende Erzählstrang gibt blitzartige Einblicke in eine grausame Szenerie von Vergewaltigungen und Morden. Brutal und mit zahlreichen ‚must haves‘ an Thrillerelementen versorgt, aber dennoch einigermaßen maßvoll, werde ich mit Grausamkeiten konfrontiert, die letztendlich entsetzen und auch zutiefst emotional berühren.

Andreas Gruber versteht es wirklich, die Spannungskurven hoch zu schreiben, sie nicht abreißen zu lassen und immer wieder mit neuen Höhepunkten zu pushen, um ein spannendes Lesevergnügen zu halten. Im Kleinen fand ich diesen Thriller hier und da leider vorhersehbar, aber im Großen wurden mehrere Ereignisse in den verschiedenen Erzählsträngen miteinander verstrickt und erst gegen Ende des Buchs durch interessante Wendungen wieder gelöst.
Mir gefielen die historischen Schauplätze, die scheinbar nebensächlich in die Handlung einflossen und mich vor Ort zauberten.

Die Figuren waren sehr detailliert ausgearbeitet. Selbst Randfiguren besaßen besondere Charaktereigenschaften und eine eigene Geschichte. Der zynische Pulaski, sympathisch und etwas kauzig, belebt die Geschichte auf eine Weise, der man nicht wiederstehen kann. Er ermittelt absolut kompetent. Manchmal ist er ruppig oder emotional aufbrausend und doch kann er feinfühlig Sympathien für Mikaela empfinden. Diese ist glücklich dass er sich ihrer Sache annimmt und dennoch belügt und beklaut sie ihn und treibt ihn damit fasst in den Wahnsinn. An dieser Stelle musste ich ab und an schmunzeln, auch wenn die Situation eine todernste war.

Die taffe Evelyn, etwas dickschädelig durch die Wand vorpreschend, mochte ich ebenso gern. Mit ihr fieberte ich unglaublich mit. Die drei Ärzte, die eine maßgebliche Rolle in diesem Thriller spielen wurden perfekt und eindeutig als unsympathisch, schnöselig und bis ekelhaft arrogant beschrieben. Ich hätte diese drei liebend gern zwischendurch vors Schienbein getreten oder ordentlich geschüttelt.

Besonders gut hat mir gefallen, dass jede noch so kleine Figur am Ende abschließend und harmonisch integriert noch einmal auftrat und so ein sinniges Ende der Story mitgestaltete.

Meine Erwartungen an einen spannenden Thriller hat Andreas Gruber übertroffen. Ich werde sicher bald ein weiteres Buch von ihm lesen.
Ein spannender und in sich harmonisch geschriebener Thriller der von Anfang bis Ende fesselt. Ich empfehle ihn gern jedem Thriller-Fan.

Titel: Racheherbst

Erscheinungsdatum Erstausgabe : 14.09.2015
Aktuelle Ausgabe : 14.09.2015
Verlag : Goldmann Verlag
Flexibler Einband 512 Seiten

Sprache: Deutsch

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